Rotes 07er – Kennzeichen im Ausland

Erfahrungsbericht

 

1. Die Suche nach der Wahrheit …

 

Zunächst war da der Plan, im Sommer 2008 mit der Granada Limousine an einem Oldtimertreffen in Ísland teilzunehmen. Da die Anreise zu diesem Treffen durch fast alle skandinavischen Länder führen sollte, mußte zunächst sichergestellt sein, daß die betreffenden Staaten ein Fahren mit dem 07er Kennzeichen grundsätzlich gestatten, oder zumindest stillschweigend dulden.

 

                 

 

Je mehr ich im Internet und diverser Fachliteratur grub, desto widersprüchlicher und undurchsichtiger wurden die Aussagen zur Verwendung der 07er Nummer im Ausland. Von „geht gar nicht“ und „hohen Strafen“ bis hin zu „interessiert keine Sau“ und „null Problemo“ war alles dabei. Zumindest die Verordnung bezüglich des 07er Kennzeichens kam zum Vorschein, und ihr ist zu entnehmen, daß

 

… Kraftfahrzeuge und Anhänger, die an Veranstaltungen teilnehmen, die der Darstellung von Oldtimerfahrzeugen und der Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dienen, hierfür sowie für Anfahrten zu und Abfahrten von solchen Veranstaltungen keine Betriebserlaubnis und kein amtliches Kennzeichen benötigen, wenn rote Kennzeichen ausgegeben und verwendet werden. …“ Und „…Abweichend von § 28 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung dürfen für Fahrten nach Absatz 1 rote Kennzeichen ausgegeben und verwendet werden, und zwar Kennzeichen zur wiederkehrenden Verwendung auch an die Halter der betreffenden Fahrzeuge …".

 

So weit, so gut, prinzipiell steht der Fahrt zu einem Treffen also nichts im Wege, auch wenn es sich, wie im Gesetzestext vermerkt, bei dem roten 07er Kennzeichen nicht um ein amtliches Kennzeichen handelt, und der damit bewegte Wagen keine Betriebserlaubnis benötigt.

 

Aber wie schaut es damit im Ausland aus?

 

Im Hinblick auf die geplante Reise richtete ich mich schriftlich an die Botschaften der Länder Dänemark, Schweden, Norwegen und Ísland, erklärte mein Vorhaben und fügte den Text der Verordnung bei. Ergebnis:

  • Dänemark: „… es ist nicht erlaubt, mit deutschen Überführungskennzeichen zu fahren, erlaubt sind allerdings sogenannte Oldtimerkennzeichen ( GG07 xxx ), unter der Auflage, daß das Auto in Deutschland legal zugelassen und haftpflichtversichert ist. …"

  • Schweden: „…Kennzeichen, die in Deutschland korrekt gemeldet sind, werden in Schweden uneingeschränkt anerkannt. …"

  • Norwegen: „ …Die richtige Instanz, an die Sie sich wenden können, ist Statens Vegvesen. ..."

  • Ísland: „ … Da der Botschaft solch detaillierten Informationen nicht zur Verfügung stehen, möchten wir Sie bitten direkt die folgenden Stellen zu kontaktieren: www.tollur.is, www.fib.is, www.us.is …“

Dänemark und Schweden gestatten also das Fahren mit der 07er Nummer, wie ist aber „legal zugelassen“ in der dänischen Antwort zu interpretieren? Wird damit auf die Betriebserlaubnis angespielt, oder wird als Bedingung angesehen, daß es sich bei der roten 07er Nummer um eine amtliche Zulassung handeln muß? Auf Nachfrage bekomme ich mitgeteilt, daß als Beweis für die legale Zulassung der Fahrzeugschein mit einem amtlichen Stempel ausreichend ist. Sehr schön, bleiben nun noch die Kandidaten Norwegen und Ísland.

 

Auf eine schriftliche Anfrage bei Statens Vegvesen ( www.vegvesen.no ) ist bis heute keine Antwort gekommen; damit war ich bezüglich einer verbindlichen Aussage aus Norwegen zunächst in einer Sackgasse. Not macht erfinderisch, ich wandte mich als nächstes an den norwegischen Automobilklub ( www.naf.no ), erhielt von dort auch erstmal keine Antwort. Und die Antwort, die dann irgendwann kam, nachdem ich bereits das ok vom norwegischen Zoll hatte, war nicht anfragebezogen.

 

Den nächsten Versuch startete ich bei der Deutschen Botschaft in Oslo ( www.oslo.diplo.de ), bekam von dort endlich eine weiterführende, wenn auch nicht endgültige Aussage bezüglich der Nutzung der 07er Nummer in Norwegen. Rechtsverbindliche Aussagen dürfe die Botschaft nicht treffen, eine Nachfrage beim Norwegischen Zoll hätte aber ergeben, daß eine Einreise mit dem roten 07er Kennzeichen grundsätzlich möglich sei, ich ggf. Unterlagen vorlegen müsse, mit denen ich die Teilnahme an dem Oldtimertreffen in Ísland beweisen könne.

 

Klang ja schon ganz nett, war aber eben nicht endgültig, und so verschickte ich eine weitere Anfrage Richtung Norwegen, diesmal an den Zoll ( www.toll.no ). Die Antwort fiel kurz und knackig, aber ganz im Sinne der geplanten Reise aus:

„… There is no restriction for your use of this car in transit to Iceland. You must be sure that the cars insurance is valid ( in the country you are driving in ). ...” Damit war auch Norwegen in Sack und Tüten, blieb nur noch Ísland. 

 

Was sagt "die Insel" zu der ganzen Thematik ? Der FÍB ( félag íslenska bifreiðaeigenda, www.fib.is ), gleichbedeutend mit dem ADAC in Deutschland, teilte mir auf meine schriftliche Anfrage mit:

“... Reglur um bíla, skráningu og notkun eru þær sömu eða svipaðar í Þýskalandi og á Íslandi sem og annarsstaðar á Evrópska efnahagssvæðinu. Þú átt því að geta notað bílinn þinn hér á Íslandi á sama hátt og í Þýskalandi ...”

Die Gesetze und Verordnungen bezüglich von Kraftfahrzeugen, und deren Registrierung sowie Nutzung, sind in Ísland die gleichen wie in Deutschland und dem Rest des EU. Ich könne mein Fahrzeug in Ísland unter den gleichen Bedingungen nutzen wie in Deutschland, so in etwa die freie Übersetzung der Antwort.

 

Der ísländische Zoll ( www.tollur.is ) ging auf die Besonderheit der Zulassung ( die ja gar keine ist ) überhaupt nicht ein, aus der Hauptstadt Reykjavík bekam ich folgende Antwort:

“ ... Eftir því sem ég kemst næst er aðalatriðið að þú sért skráður eigandi að bílnum og að hann sé tryggður til aksturs á Íslandi. ... “

Ich muß nachweisen können, daß ich der Eigentümer des Fahrzeugs bin, und es muß für Ísland versichert sein, so die Kernaussage der Antwort.

 

Der Zoll im Fährhafen Seyðisfjörður gibt mir eine anders lautende Antwort, die prinzipiell aber die vom Zoll in Reykjavík ergänzt:

“ ... Ef viðkomandi er búsettur í Þýskalandi eins og erindið virðist bera með sér, er þetta ekkert mál. Hann fyllir út E-9 og fær tímabundið tollfrelsi. Miðast við að hann sé hér í "heimsókn", nýti bílinn sjálfur og flytji aftur út með sér að helsókninni lokinni.... “

Wenn der Reisende seinen Wohnsitz in Deutschland hat, füllt er ( bei der Einreise ) lediglich den Beleg E-9 aus und erhält eine zeitlich begrenzte, zollfreie Einfuhrgenehmigung ( für das Fahrzeug ). Bedingung ist nur, daß er ( der Reisende ) nur zu Besuch hier ( in Ísland ) ist, das Fahrzeug ausschließlich selbst benutzt, und es wieder außer Landes schafft wenn die Reise beendet ist, so lautet frei übersetzt die Antwort. Auch hier wird auf das Kennzeichen nicht näher eingegangen.

 

Vom Verkehrsministerium ( umferðastofa, www.us.is ) ist bis heute keine direkte Antwort gekommen. Über Umwege erhielt ich schließlich die Aussage, daß das betreffende Fahrzeug versichert sein muß, und daß irgendein „offizielles“ Papier ( z.B. Fahrzeugschein ) zu Fahrzeug und Kennzeichen existieren muß. Dies wiederum deckte sich in etwa mit der Aussage des Zolls in Reykjavík, so daß in Summe der Dinge auch Ísland die Einreise mit der roten 07er Nummer gestattete.

 

Bliebe für Ísland noch der FBÍ ( Fornbílaklúbbur Íslands, www.fornbill.is ) zu erwähnen, der Oldtimerklub Íslands. Ihn hatte ich bezüglich der 07er Nummer nicht weiter "belästigt", sondern mich hier um das eigentliche Ziel der geplanten Reise gekümmert, das jährliche Oldtimertreffen des Klubs in Selfoss. Davon ausgehend, daß mich auf der geplanten Fahrt von Hamburg bis zur Fähre in Bergen/Norwegen irgendwann ein Dorfsheriff anhalten würde, dem ich dann das Ziel der Reise belegen müßte, habe ich mir vom Klub eine offizielle Einladung zusenden lassen. 

 

Vielen Dank, jsl !!!

 

Eine endgültige Aussage darüber, ob der Deutsche Verordnungstext in allen Punkten auch im Ausland, insbesondere nun in den o.g. vier skandinavischen Ländern, seine Gültigkeit hat, habe ich trotz allem nicht bekommen. Das ist für meine Zwecke aber auch gar nicht nötig, darüber sollen sich von mir aus die Gelehrten die Köpfe zerbrechen. Wichtig ist, daß im Kern der Antworten alle betreffenden Staaten eine Ein-/Durchreise gestatten, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung, so sie überhaupt eine geben:

  • Dänemark: ja, wenn „legal zugelassen“, roter Fahrzeugschein mit Stempel als Beweisurkunde ausreichend

  • Schweden: korrekt gemeldete deutsche Kennzeichen gelten auch in Schweden

  • Norwegen: Hauptsache versichert, und ggf. Unterlagen von anvisierten Treffen vorlegen können

  • Ísland: Versicherungs- und Eigentümernachweis, ansonsten bei der Einreise die gleiche Prozedur wie mit einem „normalen“ Fahrzeug

 

2. der Test

 

Mit einem Ordner voller Antworten der diversen Behörden, Klubs und sonstigen Institutionen, dem Fahrtenbuch samt Fahrzeugschein, und mit allen sonstigen Unterlagen, die irgendwie mit dem Granada zu tun haben, “wagte” ich die erste Auslandsfahrt. Ziel war der Fordhändler in Bramming / Dänemark, dort hatte ich im Vorwege diverse Ersatzteile - vor allem Originalbleche -  bestellt, die ich abholen, tw. aber auch beim Händler selbst anpassen lassen wollte. 

 

Mit Sicherheit lag es daran, daß es an der Grenze zu Dänemark keine generellen Zollkontrollen mehr gibt, und daß ich in Dänemark keinerlei Polizei begegnete, jedenfalls konnte ich nach Dänemark problemlos ein-, und von dort auch wieder ausreisen, wurde nicht wegen des roten Kennzeichens angehalten.

 

3. das Oldtimertreffen in Ísland

 

Die Anreise zum ersten Oldtimertreffen in Ísland, Bilder von der Veranstaltung, und den Weg heim gibt es hier.

 

4. persönliches Fazit

 

Nichts wird im Ausland so heiß gegessen, wie es in Deutschland gekocht wird. Denn was sagt das rote 07er Kennzeichen letzten Endes aus ?

 

-> Fahrten nur zu ganz bestimmten, in der Verordnung genau definierten Anlässen

von mir aus gern, für alles andere gibt`s den nachgewiesenen Alltagswagen

 

-> Sammlerkennzeichen, Anzahl der Fahrzeuge auf einem roten 07er Kennzeichen je nach Gemeinde unterschiedlich

so lange es zu jedem Fahrzeug ein amtliches Dokument, sprich den abgestempelten roten Fahrzeugschein gibt, ist dies überhaupt nicht von Interesse, ich kann ja eh nur einen Wagen gleichzeitig bewegen

 

-> pauschalierter Steuersatz

was interessiert es im Ausland, wie und in welcher Höhe ich daheim meine Steuern entrichte ???

 

-> keine amtliche Zulassung ( im Rechtssinne )

der “Deutsche Michel” läßt grüßen; klar, wo es keine amtliche Zulassung gibt, ist keine Betriebserlaubnis notwendig ( nächster Punkt ), aber beides ist doch auch gar nicht nötig, wenn das betreffende Fahrzeug nur im Rahmen dessen bewegt wird, was die Verordnung vorschreibt

 

-> keine Betriebserlaubnis, sprich als Eigentümer eines roten 07er Kennzeichens bin ich selbst für die Fahrtüchtigkeit und die Verkehrssicherheit der Fahrzeuge, die auf die Nummer gemeldet sind, verantwortlich ( kein TÜV, keine AU )

ich als Eigentümer der Fahrzeuge habe damit kein Problem, ist etwas Sicherheitsrelevantes nicht in Ordnung, bleibt der Wagen in der Garage. Als Behörde im Ausland hätte ich an dieser Stelle allerdings so meine Probleme, wer garantiert mir daß kein Schrott über meine Straßen rollt? Um hier gewappnet zu sein, habe ich kurz vor der Fahrt einfach TÜV machen lassen. In dem Bericht wurde mir mit Stempel bescheinigt, daß der Wagen mängelfrei ist. Das ist zwar immer noch keine Betriebserlaubnis, aber wenigstens eine Bescheinigung über die Verkehrssicherheit des Wagens.

 

Wie immer man es nun dreht und wendet, und welche Einwände, Abers und neuerlichen Berichte über Einreiseverbote es auch gibt, die Reise zum Oldtimertreffen in Ísland hat stattgefunden, und ich wurde nicht ein einziges Mal wegen der 07er Nummer angehalten und überprüft. An der Grenze zu Dänemark gab es keine Kontrollen, beim Zoll in Schweden wurde ich durchgewunken, nach Norwegen gibt es schon lange keine Zollkontrollen mehr, und bei der Einreise nach Ísland interessierte man sich am Kontrollpunkt für Alkohol und frische Lebensmittel im Wagen, aber nicht für den Wagen selbst, und auch nicht für die Zulassung.

 

In diesem Sinne

 

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